Jean E. Sammet, Informatikerin und Autorin
At that time there wasn't anybody to consult – no books – no papers . There was ACM (Association for Computing Machinery), but didn't know about it.
Jean E. Sammet war eine der ersten Softwareentwicklerinnen und Co-Designerin von COBOL (Common Business Oriented Language), dem Programmiersprachen-Urahn, der die Computertechnik überhaupt erst in den Geschäftsalltag brachte und schnell zum Standard für Business-Applikationen wurde.
Damals…
1955 arbeitete die Mathematikerin Jean E. Sammet bei der Sperry Corporation, einem US-Unternehmen, das Elektronikartikel, Landmaschinen und Computer herstellte an Torpedo-Analysen, als ihr Vorgesetzter ihr anbot, leitende Programmiererin für einen neuen Digitalcomputer zu werden. “What’s a programmer?” fragte sie. Seine Antwort: “I don’t know, but we need one”. Ein etwas ungewöhnlicher Auftakt für eine jahrzehntelange Karriere als Programmiererin, während der sie als erste Frau von 1974 bis 1976 die Präsidentschaft des weltweit größten Informatikfachverbands Association for Computing Machinery (ACM) übernahm.
Ihre anfängliche Abneigung gegen Computer – unter Mathematik-Purist:innen in dieser Zeit nicht unüblich – wich schnell einer großen Faszination. Um sich noch stärker auf das Programmieren zu konzentrieren, wechselte Jean E. Sammet 1958 zu Sylvania Electric Products in die Computerindustrie. Die steckte damals in den 50er-Jahren noch in den Kinderschuhen: Es gab weder eine feste Kultur noch vorgezeichnete Karrierewege. Das war die Gelegenheit für Frauen, ihr Technik-Talent im Beruf einzusetzen.
Jean E. Sammet griff die Möglichkeit beim Schopf, bei ihrem neuen Arbeitgeber die Leitung der Programmierung des “MOBIle DIgital Computer" (MOBIDIC) zu übernehmen, einem Transistor-Computer der 2. Generation. Ihr größtes Vermächtnis ist aber die Rolle, die sie bei der Entwicklung von COBOL gespielt hat, der ersten maschinen- und herstellerunabhängigen Programmiersprache. Im Mai 1959 lud das Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten 40 Fachleute (aus Herstellerbranche, Rüstungsindustrie, staatlichen und militärischen Computerzentren) zu einer Konferenz ein, die später unter dem Namen CODASYL (Conference on Data Systems Languages) institutionalisiert wurde. Das Ministerium war damals der größte Abnehmer von Computern und legte in den allgemeinen Richtlinien für COBOL unter anderem fest, dass möglichst einfaches Englisch benutzt werden solle. Schließlich sollte die neue Programmiersprache vor allem in der Verwaltung und bei betriebliche Aufgaben zum Einsatz kommen, z.B. in der Buchhaltung, Gehaltsabrechnungen, aber auch bei Einkaufs-und Fertigungsvorgängen. Als Repräsentantin von Sylvania Electric leitete Jean E. Sammet beim „CODASYL“ eine der wichtigsten Untergruppen bei der Definition von COBOL. Innerhalb von nur zwei Wochen, in denen Jean E. Sammet und fünf weitere Programmierer sich im Manhattaner Sherry-Netherland-Hotel verschanzten und beinahe rund um die Uhr arbeiteten, entstand das Design der neuen Sprache. Im November legte Sammet und ihr Team ihren Vorschlag dem Pentagon und den Computerherstellern vor, die ihn mit nur wenigen Änderungen akzeptierten. Oft wird Grace Hopper als die "Mutter von COBOL" bezeichnet, tatsächlich gehörte Grace Hopper aber nicht wie Jean Sammet zu den sechs Personen, die die Sprache entwickelt haben.
Nach mehreren Stationen landete Jean E. Sammet 1961 schließlich beim Branchenprimus IBM. Am Forschungszentrum in Cambridge leitet sie mehrere Entwicklungsgruppen für Programmiersprachen und später die Softwaretechnik. Dass jeder Schultaschenrechner nicht nur rechnen, sondern auch spielend mit Formeln umgehen kann, ist auch Jean E. Sammet zu verdanken. Ganz in der Tradition von Konrad Zuse, der davon träumte, dass Maschinen dem Menschen das Rechnen abnehmen, nahm Jean E. Sammet allerdings die Algebra in den Fokus. Mit FORMAC (Formula Manipulation Compiler), einer Erweiterung von Fortran, stellte sie 1964 das erste allgemeine System zur Veränderung von mathematischen Formeln per Computer fertig.
Als Erste wagte sie außerdem einen Blick auf die Geschichte der Programmiersprachen: Ihr Buch Programming languages: history and fundamentals wurde zu einem Standardwerk. Jean E. Sammet galt als Autorität auf dem Gebiet der Programmiersprachen, engagierte sich ehrenamtlich und übernahm viele Aufgaben, z.B. als Chefredakteurin der Zeitschrift Computing Reviews, organisierte Seminare und Konferenzen. 1977 wurde sie in die National Academy of Engineering und erhielt 1989 erhielt sie den „Ada Lovelace Award“ der Association for Women in Computing.
Heute...
…laufen auf den Großrechnern dieser Welt immer noch Milliarden Zeilen COBOL-Code und nach Schätzungen von IBM Research kommen jedes Jahr gut 2 Milliarden Zeilen hinzu oder werden geändert. An Hochschulen wird die inzwischen mehr als ein halbes Jahrhundert alte Programmiersprache nicht mehr gelehrt aber, IBM schult seine Mitarbeitenden nach wie vor in COBOL. Fun fact: Im Zuge der Corona-Pandemie mussten längst pensionierte COBOL-Entwickler:innen aus dem Ruhestand geholt werden, weil die Verwaltungssysteme der Arbeitslosenversicherung im US-Bundesstaat New Jersey die Nachfrage nicht mehr bearbeiten konnten. Mit FORMAC entwickelte Jean E. Sammet außerdem ein frühes System der Computeralgebra, das heute weit verbreitet und vor allem in den Natur- und Ingenieurwissenschaften wichtig ist – aber auch im Automobil-Design verwendet wird, z.B. für besonders elegante, glatte Formen.
Bild: Jean E. Sammet, Image courtesy of Computer History Museum
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