Jaron Lanier, Pionier im Bereich der virtuellen Realität
It is impossible to work in information technology without also engaging in social engineering
Jaron Lanier ist ein US-amerikanischer Informatiker, Autor, Künstler und Unternehmer. Er gilt als Pionier im Bereich der virtuellen Realität, entwickelte den ersten Avatar und machte sich als technologischer Vorreiter und philosophischer Kritiker einen Namen.
Damals...
...als der unangepasste Jaron Lanier mit 15 Jahren ohne Abschluss von der High School ging, hätte ihm wohl niemand zugetraut, dass er einmal gefragte Mathematik und Informatik-Vorlesungen halten würde. Und zwar nicht irgendwo, sondern u.a. an Elite-Universitäten wie Columbia, Dartmouth und Yale.
Mit seinem technischen und künstlerischen Talent machte er sich in der noch jungen Games Branche schon bald einen Namen. Für den C64 stellte er 1983 "Moondust" vor – das erste generative Musik-Videospiel. Ein Jahr später gründete er das Unternehmen VPL Research. Bis 1990 entwickelte und vermarktete er dort die ersten kommerziellen Virtual Reality-Anwendungen. Lanier setzte neue Maßstäbe für die 3D-Computergrafik und entwickelte außerdem die ersten Hardware-Komponenten, wie z.B. Headsets mit visuellem Computerinterface ("Goggles") und Handschuhe ("Smart Gloves").
Seit 1997 leitet er das Projekt National Tele-Immersion-Initiative (NTII), das sogenannte Immersions-Anwendungen entwickelt. Ziel dieser Anwendungen ist, dass sich die Wahrnehmung der eigenen Person von der realen in die virtuelle Welt verschiebt. Die Identifikation mit einem Avatar wird z.B. durch eine fesselnde und anspruchsvoll gestaltete virtuelle Umgebung verstärkt ("immersive virtual environment"), mit der der Nutzer direkt interagieren kann.
Lanier setzte sich von Anfang an nicht nur mit technologischen, sondern auch mit den damit verbundenen philosophischen und computerethischen Fragen auseinander. Bestimmten Aspekten von Künstlicher Intelligenz und Transhumanismus steht er skeptisch gegenüber. Also Denkrichtungen, die die Grenzen menschlicher Möglichkeiten durch technologische Verfahren erweitern wollen.
Er kritisiert außerdem Open Source-Bewegungen als Ausbeutung intellektueller Produktion. Ebenso Formen der Schwarmintelligenz, wie etwa Wikipedia, die für ihn keine endgültigen "Wahrheiten" enthält, sondern nur die Durchschnittsmeinung einer anonymen Masse. Durch kollektive Intelligenz ließen sich nur Statistiken und Zahlenwerte wie Marktpreise oder Wahlergebnisse vorhersagen, die aber nichts mit eigentlichem "Wissen" zu tun hätten. Den Irrglauben, dass das Internet ein Kollektiv hervorbringt, das intelligenter, überlegener – und wichtiger – als das Individuum ist, bezeichnet er als Digitalen Maoismus.
Heute...
...gilt Lanier als Schöpfer des Begriffs "Virtual Reality" und gleichzeitig als scharfer Kritiker der Rolle der Massen in der digitalen Welt. Als eine der schillerndsten Figuren des Silicon Valley philosophiert er über die Macht im Netz und stellt die Umsonst-Mentalität in Frage. Anstatt den Konzernen den Profit zu überlassen, soll nach seiner Ansicht jeder Nutzer Geld für seine Daten erhalten.
Zu seinen wichtigsten Essays und Manifesten gehören "Information is an alienated expense" (2006), "You are not a gadget” (2010) und "Who owns the future?" (2013).
Seit 2004 ist Lanier Fellow am International Computer Science Institute der University of California, Berkeley. 2006 erhielt er die Ehrendoktorwürde Doctor of Science des New Jersey Institute of Technology. Das Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) verlieh ihm 2009 den "Virtual Reality Career Award". Ein Jahr später wurde Lanier von der TIME in die Top 100 der einflussreichsten Menschen gewählt.
Bild: Jaron Lanier1 von vanz auf flickr.com, CC BY 2.0 via Wikimedia Commons, zugeschnitten
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