Die Matrix der Kontakte: Networking für IT‘ler

Profitiere als Berufsanfänger:in in der Tech-Welt von beruflichen Netzwerken

Jenny Tiesler
Aufsicht auf Tisch, an dem 6 Personen sitzen, 2 geben sich die Hände

Du hast Dein Informatik-Studium gerockt und stehst jetzt am Anfang Deiner Berufslaufbahn als IT’ler:in. Der Sprung von der Uni in die Unternehmenswelt ist oft sprichwörtlich der ins kalte Wasser. Alles ist anders, alles ist neu und die meisten Gesichter sind fremd. Der perfekte Zeitpunkt loszulegen und Kontakte zu knüpfen. Warum das Thema Networking für Dich beim Berufseinstieg hilfreich ist, das schauen wir uns jetzt an. 

Networking als wichtiger Soft Skill

Beim Wort Networking denkst Du an anzugtragende Menschen und Business Clubs à la Rotary und fragst Dich, warum Dir das als UX-ler oder Java-Entwicklerin etwas bringen soll? Mit Networking wird allgemein die Fähigkeit bezeichnet, mit Menschen zu kommunizieren, Kontakte zu knüpfen, daraus Beziehungen entstehen zu lassen und diese zu pflegen. Eine trennscharfe Linie zwischen beruflichen und privaten Kontakten lässt sich dabei nicht immer ziehen. Und Du merkst schon, um darin erfolgreich zu sein, sind weitere Soft Skills wie Kommunikationsgeschick gefragt und die Fähigkeit auf andere zuzugehen und einzugehen.  

Je nachdem in welchem Bereich der IT Du unterwegs bist, geht es bei Networking-Events mal mehr darum, Wissen zu teilen wie beim Linux Stammtisch oder Beziehungen aufzubauen z.B. im SAP-Kontext, was für Dich als Consultant wichtiger sein kann. 

In Deinem beruflichen Netzwerk gibt es verschiedene Arten von Kontakten

  • Direkte Kontakte: Das sind diejenigen, die Du persönlich kennst: Kolleg:innen, die Geschäftsführung, Deine Kommiliton:innen, aber auch Kund:innen.  
  • Kontakte ersten Grades: Diese Kontakte sind direkt mit Dir verbunden wie der Datenanalyst, den Deine Dev-Kollegin kennt. 
  • Kontakte zweiten Grades: Hier handelt es sich um Kontakte, die über gemeinsame Verbindungen zu Deinen Kontakten stehen, also eher entferntere berufliche Verwandtschaft nach dem Motto: Ich kenn einen, der einen kennt ...
     

Dein Netzwerk öffnet Dir den Zugang zu einer Vielzahl von Ressourcen und Perspektiven und macht damit Deine berufliche Reise auf vielen Ebenen angenehmer. 

Warum ist ein gutes berufliches Netzwerk in der IT wichtig?

Dein IT-Talent ist aktuell auf dem Arbeitsmarkt gefragt und es gab 2023 rund 149.000 unbesetzte Stellen. Networking wird Dir deshalb vielleicht eher als ein Nice-to-have erscheinen. Aber die Vorteile eines beruflichen Netzwerks als IT’ler:in sind nicht zu unterschätzen. Dein Berufsnetzwerk ist wie Dein persönliches Stack Overflow: Du brauchst Hilfe bei einem Problem? In Deinem Netzwerk gibt es garantiert eine Person, die Dir helfen kann. 

Deshalb solltest Du schon beim Berufseinstieg anfangen, ein Netzwerk aufzubauen: 

  • Inspiration für Deine IT-Karriere: Du stehst am Anfang Deiner IT-Laufbahn und bist Dir noch nicht sicher, welche Richtung Du einschlagen willst? Auf Konferenzen, Meetups und Stammtischen erhältst Du Einblicke in die verschiedenen IT-Berufe und Spezialisierungen. So findest Du heraus, was zu Deinen Fähigkeiten und Interessen passt. 

  • Einblicke in Branchen und Unternehmen: Nutze Events, um Insights in verschiedene Branchen und Unternehmen zu bekommen. Dort erfährst Du, was aktuell im Trend liegt und wie Branchen sich entwickeln. Du machst gerade Deinen Trainee in einem Großkonzern und bist neugierig, wie Start-ups arbeiten? Gelegenheiten dazu gibt es z.B. bei Stammtischen für Gründer:innen.  

  • Mentoren finden: Auf Networking-Veranstaltungen kannst Du außerdem Kontakte zu Mentor:innen knüpfen. Sie unterstützen Dich auf Deinem beruflichen Weg, geben Dir wertvolle Ratschläge und helfen Dir, Karriereziele abzustecken. 

  • Erfahrungen teilen und daraus lernen: Tausche Dich mit Menschen aus, die ähnlichen Herausforderungen gegenüberstehen. Durch gemeinsames Brainstorming entwickelt Ihr Lösungsansätze und tauscht Euch im Nachgang über die Umsetzung aus.  

Networking hilft Dir, andere Perspektiven kennenzulernen und z.B. ein ganzheitlicheres Verständnis von IT-Security zu entwickeln, wenn Du als IT-Sicherheitsberater:in mit Compliance-Expert:innen oder Rechtsanwältinnen in den Austausch kommst.

Netzwerke für Frauen in der IT 

Als Frau in der Tech-Welt bieten Dir Frauennetzwerke eine wertvolle Unterstützung für Deine berufliche Weiterentwicklung als Frau. Vor allem, wenn Du am Anfang Deines Berufslebens stehst, hast Du hier die Möglichkeit, von Role Models zu erfahren, wie sie in der männerdominierten Welt ihren Platz gefunden haben und von ihren Erfahrungen profitieren. 

Auch wenn Marketing in eigener Sache vielleicht nicht Dein Ding ist: Ein facettenreiches, breit aufgestelltes berufliches Netzwerk ist wie ein Megaphon für Deine Fähigkeiten. Es öffnet Türen zu neuen beruflichen Chancen, bringt frische Perspektiven und ermöglicht es Dir, von dem Wissen erfahrener IT-Fachkräfte zu lernen. 

IT-Konferenzen, Meetups und Networking-Events bieten Dir außerdem die Gelegenheit, Dich unverbindlich über Hierarchieebenen hinweg mit anderen IT-Spezialist:innen auszutauschen. Und ganz nebenbei kannst Du nicht nur Dein Wissen in Java und Co. vertiefen, sondern auch potenzielle Arbeitgeber und Kolleg:innen kennenlernen. 

Internes Netzwerk aufbauen 

Für Dich als Berufsanfänger:in ist es am naheliegendsten erstmal Kontakte im eigenen Unternehmen aufzubauen. Je nach Organisationsstruktur und Unternehmensgröße gelingt das über interne Veranstaltungen und Workshops. Vielleicht musst Du aber auch in der Mittagspause Deine Komfortzone verlassen und Dich in der Kantine nicht zu Deinem Team setzen, sondern an einen anderen Tisch. Im Gespräch mit anderen Fachkolleg:innen bekommst Du ein besseres Verständnis für die abteilungsübergreifenden Prozesse und auch Einblicke in die Unternehmenskultur

Kannst Du Networking lernen?

Networking ist keine exklusive Superkraft für extrovertierte Menschen. Es ist auch kein Persönlichkeitsmerkmal, sondern eine Fähigkeit, die Du lernen kannst wie PHP oder Python. Wie bei jedem Skill musst Du üben, um eine gewisse Meisterschaft zu erlangen. Deshalb lohnt es sich, schon früh damit anzufangen. 

Introvertiert? Kein Problem!  

Wenn der Gedanke an Networking bei Dir Schweißausbrüche verursacht, bist Du nicht allein. Aber Du musst gar nicht in Panik verfallen: Introvertierte können genauso großartige Netzwerker:innen sein. Um ein Gefühl zu bekommen, wie Netzwerk-Veranstaltungen ablaufen, melde Dich nicht gleich zum Chaos Communication Congress an. Starte lieber mit kleinen Veranstaltungen und melde Dich für eine C++-Usergroup oder eine Symfony Community Night in Deiner Stadt an. Alternativ kannst Du Dir auch erstmal in Online-Communities austauschen, um Sicherheit und Selbstvertrauen zu gewinnen, bevor Du im realen Leben mit Menschen über IT-Themen sprichst. 

Sei authentisch und offen 

Es kommt bei Networking-Events oder auch auf unternehmensinternen Veranstaltungen nicht darauf an, mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch zu kommen. Setze Dich nicht unter Druck, sondern freue Dich über ein oder zwei qualitativ hochwertige und inhaltlich relevante Gespräche. Wichtig ist, dass Du Dich wohl fühlst. Authentizität, Empathie, Zuhören-Können sind wichtige Eigenschaften, um sich nachhaltig mit anderen Menschen zu vernetzen – und die werden eher introvertierten Menschen zugesprochen, oder? 😉 

Deine Netzwerk-Strategie

Bevor Du loslegst, Dich bei Meetups und Stammtischen anmeldest, sortiere Deine Erwartungen. Es hilft Dir, zielgerichtet vorzugehen. Und das gelingt Dir, wenn Du weißt, wo Du stehst und wo Du hinwillst. Beantworte Dir vorab diese Fragen zu Deinen beruflichen Zielen: 

  • Welches Fachwissen oder welche Position willst Du erreichen? 
  • Kennst Du bereits Menschen, die Deinen Traumjob ausüben? 
  • Welche Hilfe und welches Wissen kannst Du anderen bieten?
     

Um Networking-Veranstaltungen für Deine berufliche Weiterentwicklung zu nutzen, solltest Du grundsätzliche eine Vorstellung haben, in welchen Bereichen Du Dein Wissen erweitern willst. Gutes Netzwerken ist aber keine Einbahnstraße, sondern ein Geben und Nehmen. Deshalb ist es wichtig, dass Du Deine eigenen Kompetenzen kennst und irgendwann selbst zu einer “Go-to-Person", zu einer Ansprechpartner:in für ganz bestimmte Themenkomplexe wirst, sei es für Public-Key-Verschlüsselungsverfahren oder SAP Fiori.

In 5 Schritten zum Networking-Profi

Networking ist nicht nur das Knüpfen von Kontakten, sondern eine strategische Herangehensweise, die Deine berufliche Zukunft beeinflussen kann. Ein nachhaltiges Netzwerk hast Du im besten Fall ein Leben lang

  1. Setz Dir klare Ziele: Du weißt bereits, dass Du Dich auf den Bereich IT-Security spezialisieren willst. Du bist aber unsicher, welche Schritte Dich Deinem Ziel näherbringen und welche Zertifikate Du am besten machen solltest. Dein Ziel könnte sein, auf einer Fachveranstaltung zwei IT-Sicherheitsexpert:innen kennenzulernen, die in Unternehmen arbeiten, die Dich interessieren. Durch klare Ziele fokussierst Du Deine Bemühungen und machst das Networking zielgerichtet. 
  2. Nimm aktiv teil: Bleib nach einer Aufwärmphase nicht in der stillen Beobachtungsrolle. Sprich auf Meetups, Hackathons oder auf (virtuellen) Konferenzen andere Teilnehmende an. Stelle Fragen in den Sessions oder geh, wenn Dir das leichter fällt, im Anschluss an die Vorträge auf die Speaker:innen zu. 
  3. Geben und Nehmen: Networking funktioniert nur nachhaltig gut, wenn es auf Gegenseitigkeit beruht. Biete Deine Hilfe an, sei es durch das Teilen von Ressourcen oder Deiner kürzlich gemachten Erfahrung mit einem neuen Framework. Das zeigt nicht nur Deine Expertise, sondern macht Dich auch attraktiv für potenzielle Arbeitgeber.   
  4. Follow-up nicht vergessen: Warst Du auf einem Event, dann nutz im Nachgang die Möglichkeit, Dich bei einem Gesprächspartner oder einer Speakerin für die wertvollen Einblicke zu bedanken. Vernetze Dich in sozialen Medien und halte den Kontakt aufrecht.  

Und damit landen wir automatisch bei der hohen Kunst, das eigene berufliche Netzwerk zu pflegen. Auch hier solltest Du auf Authentizität und ehrliches Interesse setzen. Statt standardisierten Geburtstagsnachrichten rauszuschicken, teile lieber Artikel einen inhaltlich relevanten Blogartikel mit einer Kontaktperson, von der Du weißt, dass sie sich genau für dieses Thema interessiert.    

Gelegenheiten nutzen und Gelegenheiten schaffen 

Sei offen für Gelegenheiten zum Networking: Spannende Gespräche mit interessanten Menschen ergeben sich nicht nur beim Scrum-Tisch, sondern auch am Kaffeeautomaten oder im Fahrstuhl. Willst Du dem Zufall auf die Sprünge helfen, dann schaffe aktiv Gelegenheiten und engagiere Dich in Deinem Unternehmen in abteilungsübergreifenden Fachgruppen oder übernimm multidisziplinäre Stellen. Wenn Du Lust hast auf neuen Input und Menschen, dann fang einfach an und setz Dich beim nächsten Firmen-Event mal nicht zu Deinem Team, sondern stell Dich an einen anderen Stehtisch und lerne die Personen dort kennen. Du wirst überrascht sein, wie einfach das ist und wie wertvoll die Gespräche sein können. Viel Spaß beim Ausprobieren! 

TL;DR:
  • Auf Networking-Events lernst Du IT-Profis kennen und bekommst Insights in den Berufsalltag der unterschiedlichen Expert:innen. Sehr wertvoll, wenn Du selbst noch unsicher bist, auf welches Fachgebiet Du Dich spezialisieren möchtest. 
  • Geben und Nehmen ist für ein nachhaltiges Netzwerk wichtig. Dein Fundament sollte ein ehrliches Interesse an Deinem Gegenüber sein. Teile Dein Wissen und mausere Dich über die Zeit zur Ansprechpartner:in, einer “Go-to-Person" für Deinen Wissensbereich. 
  • Netzwerken ist nicht nur etwas für extrovertierte Personen. Auch als introvertierte können ausgezeichnete Netzwerker:innen sein.